Artikel TZ 2016 06

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TZ 04.06.2016, von Monika Melzer-Hadji

Debütant Ralf Beckmann gewinnt Kelterwettbewerb der IKF

Gleich in seinem ersten Jahr als Kelterer wurde Ralf Beckmann zum „Apfelweinkönig 2016“ gekürt. Hinter diesem Erfolg stecken professionelles Coaching und viel gutes Zureden fürs Schöppche.

Dass ein Newcomer den besten Äppler gekeltert hat, ist in den zehn Jahren, seit der Wanderpokal der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) verliehen wird, noch nie vorgekommen. Umso erfreuter nahm Ralf Beckmann die riesige Trophäe entgegen, auf deren Sockel demnächst sein Name verewigt wird.

Seit fünf Jahren engagiert sich der Kirdorfer bei der IKF. Er ist immer dabei, wenn Gemeinschaftsarbeit auf den Obstwiesen, beim Keltern und was sonst noch so ansteht, angesagt ist. Im vergangenen Herbst hat er sich – ziemlich spät übrigens – dazu entschlossen, in zwei 25-Liter-Glasballons Süßen abzufüllen und sich selbst mal als Kelterer zu versuchen. „Ich hab’ mir gedacht, ich probier’s halt mal“, erzählt Beckmann. So ganz blauäugig ist er allerdings nicht an die Sache rangegangen, denn mit Stefan Hardt, dem letztjährigen Apfelweinkönig und mehrfachem Zweitplatzierten, hatte er einen kompetenten Berater an seiner Seite.

Im gemauerten Fahrradkeller seines 1950 erbauten Hauses fanden die Glasballons auf zwei alten Holzschlitten ihren Platz – offenbar die perfekte Umgebung, um in aller Ruhe aus dem Süßen einen herausragenden Apfelwein reifen zu lassen. „Es ist keine große Zauberei: Geduld und ein wenig Pflege sind gefragt. Während der Gärzeit blubbert das vor sich hin. Da bin ich täglich mal runtergegangen, hab saubergemacht und meinem Stöffche gut zugeredet, dass er nicht umkippen und zu Essig werden soll. Anscheinend hat er zugehört“, lacht der Apfelweinkönig 2016.

Im März wurden die ersten 25 Liter dann in Glasflaschen abgefüllt. Und weil das selbstgekelterte Getränk so köstlich schmeckte, hat sich Beckmann überreden lassen, an der IKF-Verkostung teilzunehmen. Dabei wurden 12 Apfelweine bewertet, ohne dass jemand wusste, von wem der einzelne Schoppen stammt. Null bis 12 Punkte konnten die 100 Testpersonen vergeben, von „ungenießbar“ bis „Spitzenstöffche“ reichte die Skala. Aber weil 2015 ein überaus fruchtiger Apfeljahrgang war, fiel kein einziger Schoppen durch, alle sind von hervorragender Qualität, war man sich einig. Umso beachtlicher, dass der Debütant mit deutlichem Vorsprung gewann; auf den Plätzen zwei und drei landeten Manfred Johann und Reinhard Biedenkapp. Knapp dahinter platzierte sich mit Sibylle Landvogt eine Keltermeisterin auf Rang vier.

Champions League

Als IKF-Sieger nimmt Beckmann nun an der Hessenmeisterschaft teil, wo sich sein Naturprodukt gegen 20 weitere regionale Spitzenstöffchen beweisen muss. „Da trete ich gegen echte Kelter-Koryphäen an, aber in Kirdorf zu siegen, das ist schon fast wie die Champions League zu gewinnen“, lacht der FC Bayern-Fan.

Nach diesem unerwarteten Erfolg ist es selbstverständlich, dass Beckmann dem Keltern treu bleiben wird. Mit Unterstützung seiner Frau Gaby, die ebenfalls IKF-Mitglied ist (und bei der Blindverkostung dem eigenen Getränk übrigens nur acht Punkte gegeben hatte), wird er im heimischen Fahrradkeller den diesjährigen Apfelwein ansetzen.

Ob sich der Erfolg wiederholen lässt, bleibt abzuwarten. „Dabei sein ist alles“, lautet das Motto des Apfelweinkönigs, dessen Meisterschoppen langsam zur Neige geht. Doch zum Glück lagern im Keller seines Freundes und Lehrmeisters Hardt noch einige Liter gemeinsam gekelterter Apfelwein, mit dem man wohl bis zum Winter über die Runden kommen wird.

 

Taunus-Zeitung vom 4.6.2016