Eine kleine Chronik der neuen Kirdorfer Kelter

Als sich im September 2005 auf Anregung von Harald Kämpfer und Michael Korwisi einige Grundstücksbesitzer aus Kirdorf im Bürgerhaus trafen, ging es in erster Linie um die Fragen „Wie verwerten wir unsere Äpfel?“ und „Wo können wir noch keltern?“ Denn seit über 40 Jahren gibt es in dem Stadtteil Bad Homburgs mit den meisten Obstbäumen keine Kelter mehr. Die langen Transportwege mit Zentnern von Äpfeln nach Köppern, Bad Vilbel, Karben oder Oberursel waren kompliziert und langwierig. Viele Grundstücksbesitzer ließen ihre Äpfel lieber am Baum und immer mehr Grundstücke im Kirdorfer Feld wurden nicht mehr gepflegt. Schnell war auf der ersten Zusammenkunft am 19. September 2005 klar, dass man das Problem ganzheitlich angehen müsse. Möglichst viele Grundstücksbesitzer sollten zum Mitmachen bewegt und eine eigene Kelter beschafft werden. Im Dezember 2005 entschloss man sich einen Verein, die Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) zu gründen. Am 31. Januar 2006 erschienen 17 Gründungsmitglieder im Kolleg der Gaststätte „Zur Krone“ in der Kirdorfer Raabstraße zur Vereinsgründung. In der beschlossenen neuen Vereinssatzung heißt es unter anderem: „Besondere Ziele des Vereins sind die Förderung des Natur- und Umweltschutzes und die Erhaltung und Förderung der traditionellen Kulturlandschaft im Kirdorfer Feld. Eine große Bedeutung haben dabei die Pflege und Unterhaltung der Streuobstwiesen, die Bewusstseinsbildung und die Wissensvermittlung über die Natur und insbesondere über die Ökologie der dortigen Streuobstwiesen, ihre Gefährdung und die Möglichkeiten ihres Schutzes. Diese Ziele sollen erreicht werden (unter anderen) durch Aktivitäten und Angebote des Vereins, die sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene richten. Durch Baumschnittkurse, Anleitungen und Vorträge zur Pflege und zur Unterhaltung der unterschiedlichen Biotop- und Naturraumtypen sowie Pflanzaktionen soll die Landschaftspflege gefördert werden. Durch Hilfen bei der Obstverwertung (…) wird das Ziel der Erhaltung und Förderung der traditionellen Kulturlandschaft des Kirdorfer Feldes verfolgt."
Man vereinbarte sehr schnell schon auf der ersten Vorstandssitzung nach der Vereinsgründung, dass in Kirdorf wieder eine Kelter installiert werden sollte, Nur so konnte man dem Ziel „Hilfe bei der Obstverwertung“ einen Sinn geben. Schon bald erhielt die IKF von einem Gastronomen, der in der Zeitung über die Gründung der IKF gelesen hatte, das Angebot, dessen alte Kelter, die in einer seit Jahren geschlossenen Gastwirtschaft in Friedrichsdorf-Dilligen stand, kostenlos zu übernehmen. Die Kelter stammte aus dem Jahr 1942 und war bereits ein knappes Jahrzehnt nicht mehr in Betrieb gewesen. 
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Den Mitgliedern der IKF stand viel Arbeit bevor, diese Kelter wieder in Gang zu bringen.

Dann im Sommer 2006 stieß IKF-Vorstandsmitglied Jürgen Ludwig bei der Suche nach Ersatzteilen für die Dillinger Kelter im Internet auf ein anderes Angebot: Eine Gruppe junger Leute aus Lich-Langsdorf verkaufte eine funktionsfähige(!), und mobile(!) Kelter aus den sechziger Jahren. 
37 12  88 12Schnell wurde Kontakt aufgenommen und ein Besichtigungstermin vereinbart.Und in der Tat: die Kelter war voll funktionsfähig und auf einen Lastwagenanhänger montiert. Der Preis war angemessen und der Kauf wurde vereinbart. Die Stadt Bad Homburg hatte dankenswerter Weise 700 Euro gespendet und angeboten, die Kelter zunächst einmal auf dem Betriebshofgelände abzustellen, bis ein anderer Standort gefunden würde. Für die etwas längere Reise über die Landstraßen nach Bad Homburg musste zuvor am Anhänger (sechs Tonnen Gewicht) ein Rad ausgewechselt werden, was Dank der großen Mithilfe von Vereinsmitglied Lothar Gadermann an einem Freitag Nachmittag gelang. Mit dem Wechsellader der Freiwilligen Feuerwehr Bad Homburg Stadt wurde die Kelter dann am 17. August 2006 nach Bad Homburg gebracht. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Freiwillige Feuerwehr und andie Stadt für ihre Spende. 
In den nächsten Wochen wurden einige Schönheitsreparaturen durchgeführt und am 16. September fand der erste Probebetrieb statt. Schnell hatten sich Lothar Gadermann, Harald Kämpfer, Jürgen Ludwig und Michael Korwisi mit der neuen Kelter vertraut gemacht und nach kurzer Zeit schon floss der erste Süße aus der Presse.
Der Vorstand beschloss daraufhin den Kirdorfern die neue Kelter mit einem Kelterfest am 30. September 2006 „uff de Bach“ vorzustellen. Gesagt getan. Bei herrlichem Wetter kamen rund 1000 Besucher, ca. 60 Zentner Äpfel – u.a. von den Bäumen im Garten des Schwesternhauses - wurden zu etwa 2000 Litern Süßen verwandelt und bis zum Einbruch der Dunkelheit wurde das Ereignis gefeiert. Zum ersten Mal seit über 40 Jahren wurde in Kirdorf wieder gekeltert.

Jetzt sucht die IKF eine Räumlichkeit für die Kelter und hofft, dass die Stadt Bad Homburg sie genauso unterstützt, wie einst die Hegegemeinschaft Ober-Erlenbach, die im Erlenbacher Oberhof einen Standort für ihre Kelter erhielt.

Technische Details

Die neue Kirdorfer Kelter

- wurde in den 60er Jahren gebaut
- ist eine Öldruck-Doppeltischpresse mit einem automatischen Hächselwerk
- presst mit fasst 300 atü
- wiegt rund 4 Tonnen
- kann von zwei Personen bedient werden (im Idealfall)
- verarbeitet im Volllastbetrieb in der Stunde bis zu 30 Zentner Äpfel und
- keltert daraus in dieser Zeit etwa 1000 bis 1100 Liter Süßen.