TZ 2023 Wagenbau1Wagenbauer der IKF feilen an den letzten Details für den Laternenfestumzug
von FLORIAN NEUROTH, Taunuszeitung vom 25.8.2023

Leise rieselt der Sand. Aus einem großen Beutel Quarz füllen Lothar Gadermann und Franz Schöttner die Körner erst in eine Schüssel und dann in den Bembel. Bald ist die Kanne gut gefüllt und Jürgen Abt kann die alles entscheidende Frage (hinein)stellen. „Wer hat aus meinem Becherchen getrunken?“ steht auf dem Schild, das nun aus dem Bembel hinausragt. Abt tritt einige Schritte zurück und betrachtet die Szenerie: ein kleines Tischchen auf einem Anhänger, gedeckt mit einer grün-weißen Tischdecke, sieben Plastikschalen, einer Kerze und eben dem Bembel mit Botschaft. „Gut?“, fragt er in die Runde und erntet anerkennende Blicke. „Kann man so lassen“, findet Joachim Meyer.

Gemeinsam mit Stefan Hardt, Gabi Abt und Bärbel Meyer feilen die vier in der großen Lagerhalle der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF) an den letzten Details für den Laternenfestumzug. Wenn am Samstag und Sonntag, 2. und 3. September, 22 Motivwagen durch die Stadt ziehen, wird auch die IKF mit einem eigenen Wagen teilnehmen. „Das machen wir seit 2009“, sagt Chef-Wagenbauer Meyer und führt in die Werkstatt nebenan. An der Wand hängen die Schilder mit den bisherigen Mottos: Die „Sattelfabrik Denfeld/Horex“ haben die Vereinsmitglieder ebenso thematisiert wie den „Tag der Deutschen Einheit“ oder im vergangenen Jahr die „Kirdorfer Kerb“. „Passend dazu hatten wir vier Autoscooter aus Rollatoren angefertigt, die auf dem Wagen herumgefahren sind“, erzählt Meyer von der pfiffigen Idee, für welche die Kirdorfer vom Laternenfestverein sogar ausgezeichnet worden sind. Sie gewannen den Wanderpokal für den besten Wagen.

Schaufel aus Plastikrohr und Styropor

Jetzt wollen sie ihren Titel natürlich verteidigen. Und sind daher eineinhalb Wochen vor dem großen Auftritt noch eifrig am Werkeln. Neben mehreren Tischen mit allerhand Werkzeug, Nägeln, einem Zollstock und anderen Utensilien schneiden die Vereinsmitglieder Styroporstücke zurecht, schmücken Essensschalen mit roter Farbe und dünnen Wollseile zur „Spaghetti Bolognese“. Und sie schnitzen aus Plastikrohren und Styropor große Schaufeln und Pickel. „Echte Werkzeuge können wir beim Umzug nicht verwenden. Das wäre auf dem wackeligen Wagen zu gefährlich“, sagt Schöttner. Gebraucht werden die aber auf jeden Fall, denn die IKF-Mitglieder sind diesmal als Zwerge unterwegs.

„In Anlehnung an das Laternenfest-Motto ‚Träume werden wahr bei Walt Disney seit 100 Jahr‘ geht es bei uns um ‚Schneewittchen und die sieben Zwerge’“, sagt Meyer. Seit Ende Juni treffen er und ein gutes Dutzend weiterer IKF-Mitglieder sich jeden Samstag. „Und auch unter der Woche kommen immer wieder mal Leute. Wer Zeit hat, arbeitet am Wagen“, berichtet Meyer.

TZ 2023 Wagenbau2Ausgehend von einem Grundgestell aus Rädern und Holz, das jedes Jahr wiederverwendet wird, besorgten sich die Wagenbauer zunächst einmal Hartfaserplatten. Die wurden ausgesägt und hängen nun grün lackiert und in Zackenform an den Außenseiten des Wagens. „Es fing mit ein paar Tannen an. Der Rest kam dann nach und nach“, erzählt Gabi Abt. „Das wächst sich schnell aus“, ergänzt Meyer. Immer habe einer eine neue Idee, so dass der Wagen jetzt ganz anders ausschaue als ursprünglich geplant. „Das sind dann so Kleinigkeiten. Einer macht ein Klingelschild für die Zwerge, der andere schlägt vor, dass wir die Bärte fürs Kostüm häkeln könnten, oder hängt eine Figur an den Wagen.“

Aus ein paar Tannen wird ein ganzer Wald

Die Mitglieder nähten Zwergenmäntel und Mützen, bemalten die Platten und konnten auch auf vieles aus dem Lager zurückgreifen, etwa Lichterketten, Glühbirnen und Farben. „Wir nehmen möglichst viel aus dem eigenen Fundus, da wir ja keinen reichen Geldgeber haben“, sagt Meyer und lacht.

Das fast fertige Ergebnis kann sich jetzt sehen lassen: Aus den paar Tannen ist ein ganzer Wald geworden, nebst einiger süßer Wildtierchen aus den Disney-Filmen. Auf der Vorderseite weist ein Schild zu den „7 Bergen im Taunus“ (inklusive Feldbergturm) und das Hinterteil schmückt ein Bild der als Hexe getarnten bösen Königin mit Apfel.

Auf dem Wagen wollen die sieben Zwerge die böse Königin nämlich nicht haben, dafür feiern sie gemeinsam mit Schneewittchen. Wer das sein wird, wollen sie nicht verraten. Nur so viel: „Es wird die zweitschönste im ganzen Land“, sagt Bärbel Meyer. Logisch, denn die schönste ist „natürlich die Laternenkönigin. Kommt ja auch aus Kirdorf“, stellt Gabi Abt klar.

„Wir wollten einen lebendigen Wagen. Nichts Statisches“, sagt Joachim Meyer. Im Gegensatz zu früher, als die Mottos stärker von den Organisatoren des Festes vorgegeben und vor allem Szenen nachgestellt wurden, hätten die Wagenbauer jetzt mehr Freiheiten. So werden die Vereinsmitglieder während des Umzuges in bunten Mäntelchen mit Vollbart und den Styropor-Werkzeugen auf dem Wagen herummarschieren.

Damit sie dabei auch heftig in die Saiten hauen können, stattet Stefan Hardt zwei rote Gummi-Gitarren zum Aufblasen jetzt noch mit Schlaufen aus. „Dann können wir diese beim Fest umhängen. Es ist wichtig, mit den Leuten zu interagieren und nicht nur dazustehen und zu winken“, sagt er. Geplant ist, dass Songs von Otto oder das Zwergenlied der Disney-Verfilmung des Märchens aus den Boxen dröhnen.

Bis es so weit ist, wartet noch einiges an Arbeit. Der Feuerlöscher wird noch eingebaut, die Mottoschilder fehlen, der Traktor muss noch geschmückt und mit Benzin befüllt werden, zählt Meyer auf. „Kleinkram“ eben, aber das „läppert sich zusammen“. Irgendwas sei immer. Meyer sagt: „Wir schrauben bis zum Schluss.“

Taunuszeitung vom 25.8.2023