Ranger FRNeuer Feldschütz will gegen Umweltsünder vorgehen und auf Dialog setzen
Frankfurter Rundschau vom 6.7.2023

Das Kirdorfer Feld ist nicht nur ein guter Ort, um mit seinem Hund Gassi zu gehen und den Ausblick auf die Türme der Stadt zu genießen; es ist auch Natur- und Landschaftsschutzgebiet und Fauna-Flora-Habitat. Dort wachsen sogar Orchideen. Das wusste der Autofahrer wahrscheinlich nicht, als er in einem der vergangenen Winter eine Runde über eine Wiese drehte. Auch den Spaziergängern, die in den Streuobstwiesen picknicken, die Bäume abernten oder ihre gefüllten Hundekotbeutel in die Gegend werfen, soll nichts Böses unterstellt werden.

Fakt ist aber: Das Kirdorfer Feld leidet zunehmend unter den Menschen. Während der Corona-Zeit hat sich das bedenkenlose Verhalten, auch was das Hinterlassen von Müll betrifft, noch mal verschärft. Hunde laufen frei herum, und ein Netz aus Trampelpfaden zieht sich durch die Wiesen, die - und das wissen offenbar viele Besucher nicht - Privatleuten gehören.

Der Baumdoktor sucht das Gespräch

2021 hatte das Stadtparlament einstimmig beschlossen, dass ein Ranger, auch Feldschütz genannt, künftig ein Auge auf die Außenbereiche der Kurstadt, etwa auch in Ober-Erlenbach, haben soll. Boris Heinrich (47) hat die Vollzeitstelle Anfang des Jahres angetreten. Täglich sei er mit seinem Dienstfahrrad unterwegs. Er habe schon ein altes Auto aus dem Kirdorfer Feld entfernen lassen und Gespräche geführt.

Der Forstwirt ist seit 2001 bei der Stadt beschäftigt, war lange als Baumdoktor in den Wipfeln des Kurparks unterwegs, hat das Kataster gepflegt, sich zum Techniker weiterbilden lassen und als Ausbilder fungiert. Jetzt sei Zeit für etwas Neues, was aber doch mit seinen vorherigen Tätigkeiten verbunden sei, sagte Heinrich am Montag im Ortsbeirat Kirdorf, wo er sich vorgestellt hat.

In seiner Funktion, die dem Fachbereich „Klimaschutz, Umwelt und Mobilität“ zugeordnet ist, soll er Besucher über die Natur informieren, sie über eventuelles Fehlverhalten aufklären und, wenn das nicht fruchtet, auch Knöllchen schreiben. Er sehe sich aber vor allem als Mittler und Schlichter, machte der 47-Jährige klar. „In erster Linie bin ich Mensch.“

Fachbereichsleiter Holger Fröhlich bestätigte, dass das „Ordnungsrechtliche maximal ein Drittel“ von Heinrichs Wirken ausmachen werde; vor allem soll der neue Ranger „aufklären, informieren“ und gemeinsam auch Führungen anbieten - die erste im August.

Mit den meisten Menschen, die im Naturschutz- oder Streuobstwiesengebiet eine Ordnungswidrigkeit begehen und darauf hingewiesen werden, könne man reden, berichten Heinrich und Fröhlich aus ihrer Erfahrung. „80 Prozent sehen es sofort ein, andere nach einem aufklärenden Gespräch“, so Fröhlich. Gleichwohl sei der Ton rauer geworden, so Heinrich. „Aber seit ich in Uniform auftrete, ist es besser geworden.“ Er halte „die Bälle flach“. Erfolge verspricht sich der neue Ranger nicht ad hoc: „Es wird ein Lernprozess sein.“ Bei der „jüngeren Generation“ will er „Versäumnisse in der Schule aufholen“, Interesse an der Natur wecken.

Ob er auch abends und am Wochenende unterwegs sei, wollten die Ortsbeiratsmitglieder vom neuen Feldschütz wissen - wenn erfahrungsgemäß mit mehr Übertretungen zu rechnen sei. Heinrich versicherte, obwohl er in Neu-Isenburg wohne, sei er täglich und zu unregelmäßigen Zeiten, auch spät oder mal am Wochenende, „im Außendienst“ unterwegs. Klaus-Dieter Degen (FDP) äußerte die Bitte, dass Heinrich in der nahenden Erntesaison ein besonders Auge auf die Obstbäume wirft.

Kur- und Schlosspark gehören nicht zum Gebiet des Rangers, „dort gibt es eigene Parkwächter“, wohl aber die Landgräfliche Gartenlandschaft, also auch der Gustavsgarten.

Ein großes Betätigungsfeld geben dem neuen Ranger die vielen Hundebesitzer, die im Kirdorfer Feld Gassi gehen. Viele lassen ihr Tier von der Leine, was im Habitat wegen der reichen Zahl an seltenen Pflanzen und Tieren verboten ist. Ärgerlich: Häufchen auf der Wiese; noch ärgerlicher: Häufchen in roten Plastiktütchen auf der Wiese. Es gebe aber auch im ganzen Kirdorfer Feld keine Mülleimer, merkten einige Ortsbeiratsmitglieder an; bestätigende Worte kamen aus dem Publikum. Über zusätzliche Mülleimer, Baumelbänke, Zäune und das Wegenetz wird sich die Verwaltung in nächster Zeit noch einige Gedanken machen. Vielleicht auch mit Hilfe der Bürger.

 

Frankfurter Rundschau vom 6.7.2023