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Von Holger Vonhof, FNP vom 8.9.2014  
 In der Sachsenhäuser Gaststätte „Lorsbacher Thal“
wurde gestern der Apfelwein-Hessenmeister gekürt.
20 lokale Apfelweinkönige waren mit ihrem
„Stöffche“ angetreten.
 
Frankfurt. Golden schimmert es aus 20 Glasballons. Mit Kennermiene treten die Verkoster heran, halten ihr Geripptes unter den Schlauch, lösen die Klemme und lassen den nächsten Schoppen einlaufen. Nur zwei Finger hoch; hier geht es ums Verkosten. „Am Freitag habe ich meinen, glaube ich, ’rausgeschmeckt“, sagt Thomas Villwock. Er ist der amtierende Apfelweinkönig der Interessengemeinschaft Kirdorfer Feld (IKF), hat am Freitag auf dem Verkostungszettel unter „Bemerkungen“ notiert: „Meiner!“Gestern war er mit sechs Vereinskollegen im „Lorsbacher Thal“, um noch einmal zu verkosten. So sicher war er sich diesmal nicht: „Das fällt selbst bei der kleinen Menge schwer.“
Anfang Mai wurde Villwock im heimischen Kirdorf gekürt. Dort gibt es mit knapp 160 Hektar das größte zusammenhängende Streuobstwiesen-Areal Hessens. „Den eigenen zu erkennen ist bei 20 Proben brutal schwer“, sagt Villwock. Die Mitglieder der IKF kauen trockenes Brot, bevor sie den nächsten Ebbelwei verkosten. „Das ist für uns jetzt der Start in die Keltersaison“, sagt Fred Biedenkapp, der Vorsitzende der IKF. „Gestern haben wir die Kelter aus der Halle gefahren. An den nächsten vier oder fünf Wochenenden bleibt für so etwas keine Zeit, da ist Äppel-Lese.“ Rund 50 Tonnen verarbeiten die Kirdorfer jedes Jahr. Der Verein pflegt die Tradition: Obwohl erst 2006 gegründet, hat er rund 300 Mitglieder.
Jockel Döringer freut es, dass die Kirdorfer dabei sind. Zusammen mit Hendrik Docken organisiert er seit dem Hessentag 2010 die Hessenmeisterschaft. „Wir haben alle lokalen Apfelweinkönige angeschrieben“, sagt Döringer. Der 47-Jährige ist Gastronom mit Leib und Seele, stammt aus Oberursel und will die Apfelweintradition in Sachsenhausen pflegen. „36 Apfelweine haben wir zukünftig auf unserer Karte“, sagt er stolz. Bei den Verkostungen der hausgekelterten Majestäten-Schoppen hätten sich schnell fünf Apfelweine als Favoriten herauskristallisiert. Welche das sind, das will er nicht sagen.
FNP 2014 09 08bkBewerten kann jeder – 8 Euro kostet die Stimmkarte, dann darf man an die gut gefüllten Proben-Ballons. Apfelweine aus Frankfurt, Bad Homburg, Oberursel, Ober-Roden, Wehrheim, Hofheim, ja selbst aus Speckswinkel im Landkreis Marburg-Biedenkopf sind am Start. Teilnehmen darf jeder, der sich regional durchgesetzt hat. „Wir haben im Januar alle Teilnehmer des vergangenen Jahres angeschrieben“, sagt Jockel Döringer. Es könne sich aber auch anmelden, wer nicht auf seiner Liste stehe: „Wichtig ist, dass der Apfelwein sich schon lokal durchgesetzt hat.“
Die Wertungsskala reicht von 1 bis 5, von „schlecht“ über „so lala“, „geht schon“ und „gut“ bis „meisterlich“. Gestern Abend wurden die abgegebenen Stimmkarten dann ausgezählt, und es wurde spannend: Wer bekommt den Meister-Bembel mit dem goldenen Rand? Ihn durften Jockel Döringer und Hendrik Docken schließlich mit Unterstützung der Sachsenhäuser Brunnenkönigin Karin II., der Oberräder Apfelweinkönigin Katharina I. und der Oberräder Apfelweinprinzessin Sabrina I. an Jörg Markloff aus Friedrichsdorf-Seulberg verleihen. Mit der Kür des hessischen Apfelwein-Meisters beginnt der Wettbewerb von Neuem: Was in den nächsten Wochen durch die Keltern läuft, hat das Potenzial, im kommenden Jahr um den Hessenmeister-Bembel anzutreten.
 
Frankfurter Neue Presse vom 8. September 2014